Samstag – Ankommen im Nebel Link zu Überschrift
Ein paar letzte Abschiede, ein bisschen Wehmut – und eine viel zu kurze Nacht. Früh raus, der Rucksack ist gepackt, die Schuhe geschnürt: Es geht los. Das Abenteuer Alp beginnt.
Der Weg führt natürlich erst mal nach Saas-Fee. Im Gepäck: eine wilde Mischung aus Vorfreude, Aufregung und dieser kribbeligen Neugier, die sich einstellt, wenn man nicht genau weiss, was einen erwartet – aber genau deshalb loszieht.
Endlich angekommen, wartet bereits die erste Erleichterung: Die Hannig-Bahn fährt wieder! Gemeinsam mit einigen Helferinnen und Helfern für den Tag geht’s bequem nach oben. Oben angekommen, gibt’s zur Begrüssung einen Kafi im Restaurant – ein stilles Ritual, bevor es ernst wird.
Francesco, der schon früher angekommen ist, hat bereits einiges vorbereitet, und so legen wir auch direkt los. Zaun aufstellen ist angesagt. An allen Ecken wird geschleppt, gespannt, gehämmert. Alle packen mit an, das Wetter hingegen hält sich dezent zurück – es nieselt, die Sicht ist mässig, aber immerhin ist alles schön grün. Klassiker halt.
Nach einer kurzen Mittagspause geht’s gleich weiter. Die Zeit vergeht wie im Flug (oder wie im Nebel, je nach Perspektive). Gegen 17 Uhr verabschieden sich die Tageshelfer wieder talwärts – und für mich heisst es: Jetzt wird’s ernst. Jetzt beginnt die Alp wirklich.
Erst mal alles auspacken, einräumen, sich irgendwie orientieren – und ankommen. Oder zumindest versuchen. Denn noch fühlt sich alles ein bisschen unwirklich an. Aber immerhin ist das erste Abendessen mit dem Alpteam ein schöner Anfang: Zusammen mit Lilian, Inga und Francesco lassen wir den Tag gemütlich ausklingen.
Noch ist alles neu. Aber es beginnt. Und das ist irgendwie ziemlich schön.
Sonntag – Orientierungslauf mit Ziegen Link zu Überschrift
Nach dem trubeligen Start der letzten Tage darf’s heute mal etwas ruhiger angehen. Ein gemütlicher Morgen, dann um 08:00 Uhr Frühstück – mit Aussicht auf ein bisschen Einarbeitung und viel frische Luft.
Lilian und Francesco nehmen uns mit auf eine Ziegen-Orientierungsrunde. Wir lernen, wo die Geissen tagsüber so rumhängen, wo sie sich gerne verstecken (natürlich möglichst dort, wo man sie kaum sieht), und welche Aussichtspunkte sich gut eignen, um das muntere Treiben zu beobachten. Kurz gesagt: eine kleine Safari mit vielen praktischen Tipps für den Alp-Alltag.
Zurück auf der Alp gibt’s erst mal eine Snackpause, oder je nach Sichtweise ein sehr spätes Zmittag – definitionssache.
Am Nachmittag geht’s gemächlich weiter. Aufräumen, ein bisschen putzen, erste Arbeiten in der Käserei – man tastet sich sozusagen langsam ins Alp-Leben hinein. Nichts Spektakuläres, aber genau richtig für den ersten “richtigen” Tag.
Zum frühen Znacht dann ein kulinarisches Highlight vom neu gebauten Grillplatz: Gemüse-Plätzli und Peperoni. Einfach, lecker, draussen. Und mit Aussicht – was will man mehr?
Langsam beginnt sich der Alltag einzuschleichen. Und er schmeckt gar nicht mal so schlecht.
Montag – Ein Hoch auf den Zaun Link zu Überschrift
Heute stand der Tag unter einem klaren Motto: Zäune. Mehr Zäune. Und dann noch ein paar Zäune. Kurz gesagt: Zaun-Marathon.
Morgens ging’s gleich weiter mit dem Aufstellen, Spannen, Hämmern – das Ganze langsam schon im Halbschlaf beherrscht. Irgendwo zwischen sportlicher Betätigung und meditativer Wiederholung. Der Wolfsschutz verlangt es halt so – und die Geissen, na ja, die sind eh Meisterinnen im „durchschlüpfen“, wenn irgendwo ein Spalt offenbleibt.
Gegen 14:00 Uhr dann ein Ortswechsel – runter zum Restaurant Alpenblick. Der Verkaufs-Kühlschrank wollte gründlich gereinigt werden (Ziegenkäse deluxe gibt’s ja schliesslich nicht aus einem schmuddeligen Gerät). Anschliessend gab’s zur Belohnung gleich noch ein verspätetes Mittagessen. Bei mir auf dem Teller: käsige, sämige, goldene Spätzli. Herzhaft, sättigend – ein Klassiker, der nie enttäuscht.
Zurück oben auf der Alp wartete… na klar: der nächste Zaun. Mittlerweile erkenne ich Weidegrenzen schon im Traum.
Um 19:00 Uhr dann offizieller Feierabend. Die grosse Freude des Tages: ein kurzes Telefonat in die zivilisierte Welt – das Flachland ruft – und ein bisschen Lesezeit in der Abendruhe der Berge. Zwischen Zaun, Käse und Kuhglocken findet sich eben doch ein kleines bisschen Alpenidylle.
Dienstag – Zäune, Zeugs und Zacken Link zu Überschrift
Heute: Das (vermutlich) letzte Mal Zäune stellen. Also vielleicht. Wahrscheinlich. Hoffentlich. Aber ganz sicher ist man sich auf der Alp ja nie – schliesslich gibt’s immer noch irgendwo eine Ecke, die besser geschützt gehört.
Nach der letzten (wirklich letzten?) Zaunrunde folgte der Wechsel in den „Kleinkram-Modus“. Wasser für den Garten und den Brunnen einrichten – klingt harmlos, bedeutet aber: viele Meter Schlauch, viele kleine Lecks und noch mehr Improvisation.
Dann ging’s weiter mit allem, was so anfällt: putzen, aufräumen, Dinge von A nach B schleppen, Holzstapel umsortieren. Ein bisschen wie Tetris, nur schwerer und ohne Punkte. Immer wieder Holz. Erst dieses Holz aus dem Weg, dann anderes Holz aus einem anderen Weg. Holz gibt’s hier auf jeden Fall genug – nur nie dort, wo man es gerade braucht.
Auch der Melkstand bekam heute sein schützendes Dach – in Form einer Plane, die hoffentlich wind- und wetterfest hält. Zwischen all dem gab’s irgendwann auch eine kleine Mittagspause – etwas planlos eingeschoben, aber genau richtig.
Abends dann nach dem Znacht: runterkommen. Lesen, ein bisschen zeichnen – endlich mal wieder. Und zum Tagesausklang ein kleines geographisches Ratespiel: Gemeinsam versuchten wir, die Berggipfel zu lernen, die man von der Hütte aus sieht. Spoiler: Es sind viele. Und sie sehen sich alle ein bisschen ähnlich.
Mittwoch – 20 Hühner und ein Kartonabenteuer Link zu Überschrift
Der Tag beginnt handwerklich: Am Morgen bauen wir noch schnell ein Tor – schliesslich soll hier bald einiges an Zwei- und Vierbeinern unterwegs sein, das geordnet ein- und ausgehen soll (und möglichst nicht überallhin, wo’s grad spannend riecht).
Dann geht’s runter ins Tal – ein kleiner Ausflug mit Mission. Erst ein Zwischenhalt in der Landi in Visp (man weiss ja nie, was man noch alles brauchen könnte), dann weiter nach Naters. Ziel: 20 Hühner.
Mit vollgeladenem Auto – inklusive gackernder Kartonbesatzung – zurück nach Saas-Fee. Und dann der vielleicht denkwürdigste Teil des Tages: Jeder von uns mit einem Hühnerkarton bewaffnet in die Hannig-Bahn. Die Blicke der Mitfahrenden? Unbezahlbar.
Oben angekommen, geht’s samt Karton-Hühnerschatz zu Fuss runter zur Alp. Die Hühner überstehen den alpinen Transfer erstaunlich gelassen – echte Naturtalente.
Nachdem die gefiederten Neuzugänge versorgt und im Stall eingewöhnt sind, gibt’s auch für uns endlich was zu essen. Danach? Gartenarbeit. Unkraut rupfen. Weil irgendwie wächst hier oben alles schneller – ausser vielleicht der Muskelkater.
Donnerstag – 120 Säcke und ein Spaziergang Link zu Überschrift
Der Tag beginnt – wie sollte es auch anders sein – mit: Zäunen. Ein paar kleine Nachbesserungen hier, ein paar Handgriffe da. Und dann stand das nächste Projekt an: Ein Holzzaun neben der Hütte. Optisch hübsch, funktional wichtig – und natürlich in echter Handarbeit gefertigt.
Das Mittagessen fiel heute eher in die Kategorie „Snack“ – denn kaum sassen wir am Tisch, kam die Kraftfutter-Lieferung. Also hiess es: Ärmel hoch und anpacken. 120 Säcke à 30 Kilo – ja, man spürt’s. In den Armen. In den Schultern. Und ganz besonders in der Motivation, danach noch was zu machen.
Nach dieser sportlichen Einlage gab’s Teil zwei des Mittagessens – diesmal mit Kaffee. Sehr nötig.
Am Nachmittag wurde ich dann zum Zaunkontrolleur befördert: Strom drauf? Eingänge offen? Irgendwelche Lücken, durch die sich eine besonders clevere Ziege mogeln könnte? So viel sei gesagt: Ziegen würden Schlupflöcher sofort finden – also besser, man findet sie vorher selbst.
Zum Abschluss noch ein schneller Technik-Check: Das Melkgeschirr wurde durchgeprüft, damit alles bereit ist, wenn es dann ernst wird mit der Milchproduktion.
Nach dem Znacht gönnte ich mir noch einen kleinen Spaziergang durch den Wald – einfach mal durchatmen, etwas runterkommen. Und dabei ein paar schöne Entdeckungen gemacht. Welche? Das bleibt mein kleines Alprätsel für heute.
Freitag – Die Ruhe vor der Geissen-Sturmflut Link zu Überschrift
Letzter Tag ohne Ziegen. Man spürt’s: Die Spannung liegt in der Luft – irgendwo zwischen Vorfreude, Rest-To-do-Liste und leichten Fluchtfantasien (nur ganz kurz, versprochen). Morgen kommt Leben in die Bude, aber heute wird noch mal angepackt.
Los ging’s mit Lecksteinen – Ziegen-Buffet deluxe, bereitgestellt an strategischen Positionen. Dann: Plane aufs Heu. Klingt simpel, bedeutet aber in der Praxis eine Mischung aus Kletterpartie und Origami mit Wind.
Danach: Aufräumen im Stall. Oder genauer gesagt: Alles entfernen, was irgendwie spitz, scharf oder potenziell ziegenunfreundlich ist. Die Tiere sind ja neugierig bis zum Anschlag – und man möchte nicht, dass der erste Tag mit einem Tierarzt endet.
Ein paar kleine Zaunarbeiten standen auch noch auf dem Programm – damit das Ganze morgen nicht gleich in einer Ziegenflucht endet. Währenddessen wurde das Mittagessen gezaubert – einmal Energie tanken, bitte.
Am Nachmittag dann volles Programm rund um die Käserei: Putzen, aufräumen, vorbereiten – denn nach dem Alpaufzug morgen gibt’s ein feines Apero. Und da darf natürlich auch eine Käse-Degustation nicht fehlen. Qualitätssicherung gehört ja schliesslich dazu. (Spoiler: Der Käse schmeckt.)
Und jetzt? Jetzt ist alles bereit. Die Alp ist aufgeräumt, das Heu geschützt, die Lecksteine glänzen in der Sonne – nur die Ziegen fehlen noch. Noch. Denn morgen geht’s richtig los.